Lehre
Tutorin – Lehrbeauftragte – Gastprofessorin

Meinen ersten Vortrag
hielt ich mit 18 Jahren, nämlich über eine Studienreise nach Israel, organisiert vom Ministerium des Landes Rheinland-Pfalz. Diese Reise hatte den Zweck, nach den Gräueln des Nationalsozialismus über den Dialog zwischen Schülerinnen und Schülern einen vorsichtigen Neubeginn in den Beziehungen zwischen Deutschland und Israel anzubahnen.
Später beteiligte ich mich als Studentin der Biochemie an der Chemie-Ausbildung von Studierenden der Medizin. Als Studentin der Philosophie hielt ich Tutorien für jüngere Semester ab.
Nach meinem ersten Studienabschluss erhielt ich universitäre Lehraufträge, zuerst am Fachbereich Biologie der Universität Tübingen.
Danach wurde ich für einen Lehrauftrag ans Philosophische Institut nach Wien gerufen, und lehrte dort und in der Folge an fast allen österreichischen Universitäten sowie weiteren in Deutschland, in Kassel und Koblenz-Landau auch als Lehrstuhlvertretung und Gastprofessorin.
Begonnen habe ich mit Wissenschaftstheorie, -Geschichte und -Kritik in den Biowissenschaften und lehrte in diesen Gebieten immer wieder längere Zeit auch in späteren Jahren. Technikbewertung (Gentechnologie) und Technikfolgenabschätzung, insbesondere für angehende Ingenieure und Ingenieurinnen ergänzten dies passend.
Bei den Lehraufträgen am Philosophischen Institut der Universität Wien konnte ich an die zehn Jahre lang die Studierenden für philosophische Fragen zu Frauenarbeit und -forschung weltweit, vor allem in Zusammenhang mit Entwicklungspolitik, begeistern.
Fragestellungen der Medienanalyse habe ich am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien angeboten und war dort wie auch am Institut für Philosophie die erste Lehrbeauftragte mit Fokus auf Frauenforschung und feministischen Perspektiven. Diese Lehrveranstaltungen wurden auch in das Angebot des Instituts für Soziologie der Universität Wien einbezogen.
Die Rahmenbedingungen waren sehr schwierig. Nicht nur, dass es sich um neue Fragestellungen handelte, die nicht allen an den Instituten genehm waren: Meine Arbeitsverträge wurden – wie in der Lehre vielfach üblich – jeweils zu einem halben Jahr oder maximal für ein Jahr ausgestellt, so dass ich trotz vieler – und auch immer wieder neu zu beantragender – Verlängerungen keinerlei Planungssicherheit hatte.
Jahrelanges Forschen und Lehren im Rahmen institutioneller und finanzieller Unsicherheit: Unter dieser Unzumutbarkeit leiden zu müssen, darin war ich leider nicht die Einzige. Selbstverständlich rauben solche Bedingungen viel Kraft und Zeit, die produktiver und ertragreicher für Forschung und Gesellschaft für inhaltliche Arbeit hätten verwendet werden können.
Schwerpunkte der Lehre an Universitäten
- Klimakrise – Technikethik – Gender
- Wissenschaftstheorie, -geschichte und -kritik der Biowissenschaften
- BioPolitik in Gentechnik und Reproduktionsmedizin
- Technikethik und Technikfolgenabschätzung
- Natur/begriff als Politikum
- Frauenforschung, Feminismus und Gender Studies in Naturwissenschaften und Technik
- Philosophische Praxis als Gesellschaftskritik und im Kultur- und Kunstbereich
- Medienanalyse und Medienforschung
Naturwissenschafts- und Techniktheorie und -kritik als Teil der Disziplinen
Als nicht nur Philosophin mit Schwerpunkt Wissenschaftstheorie, sondern auch als Naturwissenschaftlerin, war und ist es mir sehr wichtig, metatheoretische Themen und die philosophisch-sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung, Analyse und Kritik mit und in Naturwissenschaften und Technik in den naturwissenschaftlich-technischen Universitäten oder Fakultäten selbst zu unterrichten, und nicht von außerhalb her. Dies ist mir gelungen. Wissenschaftstheorie, -kritik, -geschichte und -soziologie der Naturwissenschaften sowie NaturPolitik und Technikbewertung bzw. Technikfolgenabschätzung blieben meine wichtigsten Lehrgebiete.
Wissenschaftstheorie und Feminismus als Werkzeug der Wissenschaft
In den sehr stark mathematisierten und/oder Technik bezogenen Gebiete der MINT-Fächer (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), wie Statistik, Mathematik, Mechatronik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Thermodynamik, Physik und Chemie bieten sich Forschungen aus feministischer Perspektive vor allem für die Bereiche Didaktik, Geschichte und Theorie dieser Gebiete an, sowie für die Analyse geschlechtsspezifisch unterschiedlicher Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Forschens, Publizierens und Lehrens, inklusive der Berufungspraxis – besonders, wenn es um Professuren geht.
Aber auch in Hinsicht auf Produktgestaltungen, Ästhetik und user-Freundlichkeit oder den Zielsetzungen von Forschung und Technikentwicklung bestehen Tendenzen und Möglichkeiten geschlechtsspezifisch unterschiedlicher Herangehensweisen.
Überall dort, wo „der Mensch“ direkt „Gegenstand“ der Disziplin ist, also insbesondere in den Biowissenschaften und in der Medizin, bestehen noch viel direktere Einfallstore für bewusst oder unbewusst androzentrische bzw. misogyne (frauenfeindliche) kulturelle Wahrnehmungs- und Denktraditionen sowie Stile des Publizierens. Und damit auch Möglichkeiten, dem entgegenzusteuern.
Hier stehen die (als wesentlich betrachteten) Methoden des Forschens selbst, grundlegende Muster der Wahrnehmung und des Denkens, grundlegende Theorien und das Denken leitende Musterbeispiele der jeweiligen Disziplin („Paradigmata“) zur Diskussion.
Feministische Analyse und Kritik werden hier zum Werkzeug der Wissenschaft selbst, nämlich um solche Verzerrungen herauszufinden, zu benennen, zu diskutieren und möglichst aufzuheben, so gewissermaßen die eigene Disziplin zu verbessern, objektiver zu machen. Überall in den Bio- und Humanwissenschaften, den Kultur- Sozial- und Geisteswissenschaften bestehen diese Herausforderungen.
Intersektionalität gegen Diskriminierung – Gruppen – Logik – Vorurteile
Die genannten indirekten oder direkten, vielfach gewissermaßen im Hinterkopf (unbewusst) fortgesetzten Traditionen und Praxen überschneiden sich insbesondere im international derzeit noch bestimmenden anglo-amerikanischen Raum mit allen analogen Formen rassistischer Diskriminierung und manch weiterer Form von Diskriminierung auch “bei uns”.
Denn die Logik von spezifische Gruppen benachteiligenden Vorurteilen (englisch „bias“) und Denkweisen ist dieselbe: es werden geschlechtsspezifische, ethnische, religiöse, sprachliche, nationale usw. Gruppen von Menschen als eine solche Gruppe überhaupt erst definiert, dann abgewertet und insgesamt als „weniger wertvoll“ betrachtet (weniger wertvoll als mann sich selbst sieht). Die so konstruierten Einzelnen können dann als Mitglieder einer solchen Gruppe in der alltäglichen Praxis diskriminiert werden.
Der entwicklungspolitische oder internationale Fokus und die Einladung von Gästen aus dem globalen Süden in meine Lehrveranstaltungen stellten ein bewusstes Gegengewicht dazu dar und gehörten insbesondere in den ersten Jahren an der Universität Wien zu meinem Konzept.
Die philosophische Frage danach, was den Menschen ausmache, und was Menschen in unterschiedlichen Kulturen unter Glück verstehen, waren dabei Leitlinien des Denkens.
In der Analyse bildete der philosophisch-ökonomisch-soziologische Begriff der Arbeit eine wesentliche Grundlage. Selbstverständlich berücksichtigte ich dabei unterschiedliche, aber gleichzeitig existierende und sich gegebenenfalls überschneidende, Formen der Unterprivilegierung, Ausbeutung und Unterdrückung, heute in Beschreibung und Analyse als Intersektionalität bezeichnet.
Pionierinnenarbeit: Frauen- und Geschlechterforschung
Meine Lehrtätigkeit war Pionierinnenarbeit. Ich war vielfach die erste mit diesen Angeboten, speziell was die Frauenforschung betrifft. Koordinationsstellen oder gar Institute für Frauen- und Geschlechterforschung dafür gab es noch nicht. Auch keine Gastprofessuren oder Professuren. Erst später konnte ich die oben genannten Professuren wahrnehmen.
Meine Tätigkeit hat dazu beigetragen, dass sich wenigstens etwas in Richtung Frauenforschung und feministische Lehre entwickeln konnte.